Ein erledigter Eintrag kann trotzdem Wohnung, Kredit oder Job kosten – bisher. Ein aktuelles Urteil des OLG Köln bringt nun Bewegung in die Sache: SCHUFA-Einträge müssen nach Zahlung schneller gelöscht werden. Was das für Verbraucher bedeutet – und wie Betroffene jetzt handeln können.
Ein Vermieter sagt ab – obwohl alles bezahlt ist!
Frau S. ist fassungslos. Sie hat endlich die perfekte Wohnung gefunden – ruhig, bezahlbar, nah an ihrem Arbeitsplatz. Doch dann kommt die Absage vom Vermieter. Der Grund: ein SCHUFA-Eintrag wegen einer alten Handyrechnung. Dabei ist die Forderung längst bezahlt – schon vor über zwei Jahren. Trotzdem stand der Eintrag noch in ihrer Auskunft. Und das, obwohl dort groß „erledigt“ vermerkt war. Für den Vermieter war das ein Warnsignal. Für Frau S. bedeutete es: wieder einmal gescheitert – trotz sauberer Finanzen.
Diese Erfahrung machen viele Menschen in Deutschland. Auch nach der vollständigen Rückzahlung von Schulden bleiben negative Einträge drei Jahre lang bestehen. Das hat oft dramatische Folgen: Kredite werden verweigert, Mietverträge platzen, sogar Arbeitsplätze können gefährdet sein.
Doch nun hat das Oberlandesgericht Köln am 10. April 2025 ein richtungsweisendes Urteil gefällt: Erledigte SCHUFA-Einträge dürfen nicht mehr automatisch drei Jahre gespeichert bleiben. Für Millionen Verbraucher ist das ein Wendepunkt.
Das Urteil im Überblick: Was das OLG Köln entschieden hat
Ende der pauschalen 3-Jahresfrist – ein Sieg für den Datenschutz
Das OLG Köln (Az. 15 U 249/24) entschied: Die bisherige Praxis, erledigte Negativ-Einträge drei Jahre lang in der SCHUFA-Auskunft zu speichern, verstößt gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – genauer gesagt gegen die Grundsätze der Datenminimierung und Speicherbegrenzung (Art. 5 DSGVO).
Das Gericht stellte klar: Sobald eine Forderung vollständig bezahlt ist und kein berechtigtes Interesse mehr an der Speicherung besteht, muss der Eintrag unverzüglich gelöscht werden. Eine pauschale Frist – wie bisher üblich – sei damit unzulässig.
Besonders kritisch sah das Gericht den Widerspruch zur gesetzlichen Löschfrist im gerichtlichen Schuldenverzeichnis, wo Einträge bereits sechs Monate nach Zahlung gelöscht werden (§ 882e Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Warum also dürfen private Auskunfteien wie die SCHUFA Informationen drei Jahre behalten?
Das Urteil sagt: Dürfen sie nicht.
Die neue Rechtslage in Kürze:
- Negativ-Einträge müssen gelöscht werden, sobald die Forderung bezahlt ist.
- Eine Frist von drei Jahren ist mit der DSGVO unvereinbar.
- Das wirtschaftliche Rehabilitationsinteresse der Verbraucher wiegt schwerer als das Informationsinteresse von Banken.
Drei Fälle, in denen das Urteil Hoffnung gibt
Frau S. – Wohntraum statt Warteliste
Frau S. aus Dortmund kämpfte seit Jahren um eine neue Wohnung. Ihre alte Mietwohnung war laut, feucht und überteuert. Doch jeder Versuch, umzuziehen, scheiterte an einem Eintrag bei der SCHUFA – wegen einer vor Jahren vergessenen Stromrechnung über 320 Euro. Die Rechnung war längst beglichen, der Eintrag als „erledigt“ markiert, aber weiterhin sichtbar. Nach dem Urteil des OLG Köln wandte sie sich an eine Verbraucherzentrale – mit Erfolg: Die SCHUFA musste löschen. Zwei Monate später bekam sie ihre Wunschwohnung.
Herr M. – Kredit trotz Altlast
Herr M., ein junger Handwerker aus Köln, wollte sich selbstständig machen. Ein gebrauchter Transporter sollte ihm dabei helfen – doch die Bank lehnte ab. Grund: ein SCHUFA-Eintrag aus der Corona-Zeit, als eine Leasingrate nicht gezahlt werden konnte. Zwar hatte er den Betrag kurz darauf nachgezahlt, doch der Eintrag blieb. Nach dem OLG-Urteil stellte er über einen Anwalt einen Löschantrag – und verwies auf die neue Rechtslage. Die SCHUFA löschte, die Bank bewilligte den Kredit. Heute fährt Herr M. mit eigenem Logo durch Köln.
Familie K. – Neubeginn nach der Privatinsolvenz
Familie K. hatte vor Jahren Privatinsolvenz beantragt. Nach der Restschuldbefreiung 2022 blieben die Einträge bestehen – trotz erfolgreicher Entschuldung. Dadurch scheiterte ein Baufinanzierungsversuch, obwohl beide Elternteile fest angestellt sind. Nach Bekanntwerden des OLG-Urteils beantragten sie die Löschung der „erledigten“ Daten – mit Erfolg. Wenige Wochen später erhielten sie grünes Licht für die Finanzierung ihres Reihenhauses. Ihr Fazit: „Ohne das Urteil hätten wir aufgegeben.“

Expertenmeinung: Was Fachanwälte jetzt raten
„Das wirtschaftliche Rehabilitationsinteresse wiegt schwerer als das Informationsinteresse der Kreditwirtschaft.“
– OLG Köln, Urteil vom 10.04.2025, Az. 15 U 249/24
Mit diesem Satz stellt das Gericht klar: Datenschutz hat Vorrang – vor allem, wenn es um bereits erledigte Schulden geht. Für viele Juristen ist das ein Paradigmenwechsel.
Der Berliner Fachanwalt Dr. Thomas Schulte, spezialisiert auf Datenschutzrecht, ordnet das Urteil so ein:
„Endlich ein Signal an die Auskunfteien: Wer Daten speichert, muss das datenschutzkonform und verhältnismäßig tun. Die pauschale Dreijahresfrist war nie DSGVO-konform – jetzt ist es höchstrichterlich bestätigt.“
Auch Verbraucherschützer begrüßen das Urteil. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen erklärte, dass „viele Menschen durch veraltete SCHUFA-Einträge systematisch benachteiligt wurden – selbst wenn sie längst schuldenfrei waren“. Die Entscheidung ermögliche nun endlich eine realistische Rehabilitierung und finanzielle Teilhabe.
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Häufig gestellte Fragen zur SCHUFA-Löschung
Muss die SCHUFA erledigte Einträge jetzt sofort löschen?
Ja – laut OLG Köln müssen erledigte Negativeinträge gelöscht werden, wenn sie nicht mehr notwendig sind. Die bisherige Dreijahresfrist ist mit der DSGVO unvereinbar. Verbraucher können sich auf das Urteil berufen und eine unverzügliche Löschung verlangen.
Wie stelle ich einen Löschantrag bei der SCHUFA?
Am besten schriftlich – per E-Mail oder Brief. Wichtig ist, dass Sie die konkrete Forderung benennen, deren Erledigung belegen (z. B. durch Kontoauszug oder Quittung) und auf das Urteil des OLG Köln vom 10.04.2025 (Az. 15 U 249/24) hinweisen.
Was, wenn die SCHUFA nicht reagiert oder ablehnt?
Dann können Sie sich an eine Datenschutzbehörde wenden oder rechtliche Schritte einleiten. Alternativ kann auch ein Fachanwalt für Datenschutz oder Insolvenzrecht helfen, den Anspruch durchzusetzen – oft reicht schon ein anwaltliches Schreiben.
Gilt das Urteil auch rückwirkend für alte Einträge?
Das Urteil bezieht sich auf aktuelle Rechtslage und ist damit auch auf bereits bestehende Einträge anwendbar – solange diese nach der DSGVO rechtswidrig gespeichert sind. Es ist daher sinnvoll, auch alte „erledigte“ Einträge prüfen zu lassen.
Welche Fristen gelten künftig für SCHUFA-Einträge?
Das hängt vom Einzelfall ab. Die starre Dreijahresfrist ist nach dem Urteil unzulässig. Entscheidend ist, ob ein berechtigtes Interesse an der Speicherung besteht. Ist das nicht mehr gegeben – etwa nach Zahlung – muss gelöscht werden.
Fazit: Ein Hoffnungsschimmer für viele
Das Urteil des OLG Köln ist ein Meilenstein für den Verbraucherschutz. Endlich zählt, was wirklich zählt: Wer seine Schulden bezahlt hat, soll nicht länger darunter leiden. Die starre Dreijahresfrist fällt – zugunsten eines individuellen, fairen Umgangs mit sensiblen Daten. Für Millionen Menschen heißt das: neue Chancen auf Kredite, Wohnungen und Würde.
Doch das Urteil entfaltet seine Wirkung nur, wenn Betroffene aktiv werden. Wer nichts tut, bleibt womöglich weiter blockiert. Wer aber handelt – mit einem einfachen Löschantrag – kann seine finanzielle Freiheit zurückgewinnen.
Jetzt aktiv werden – mit rechtlicher Unterstützung
Wenn auch Sie unter einem erledigten SCHUFA-Eintrag leiden, handeln Sie jetzt: Prüfen Sie Ihre Auskunft, dokumentieren Sie erledigte Forderungen und fordern Sie die Löschung. Lassen Sie sich nicht länger von veralteten Daten bremsen.
Die Kanzlei Schmidt unterstützt Sie dabei mit Erfahrung und Fachwissen. Auf Wunsch prüft sie Ihre SCHUFA-Auskunft, formuliert den Löschantrag und hilft bei der rechtlichen Durchsetzung.
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Glossar: Die wichtigsten Begriffe einfach erklärt
SCHUFA
Die SCHUFA ist eine private Wirtschaftsauskunftei. Sie sammelt Daten über das Zahlungsverhalten von Verbrauchern und bewertet deren Kreditwürdigkeit. Banken, Vermieter und Händler nutzen diese Infos zur Risikoprüfung.
DSGVO
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist eine EU-weite Regelung zum Schutz personenbezogener Daten. Sie schreibt vor, dass Daten nur so lange gespeichert werden dürfen, wie es nötig ist.
Negativ-Eintrag
Ein Eintrag in der SCHUFA, der auf Zahlungsausfälle hinweist – etwa bei nicht beglichenen Rechnungen oder Krediten. Diese können sich negativ auf Bonität und Kreditvergabe auswirken.
Löschantrag
Ein Antrag auf Entfernung eines SCHUFA-Eintrags. Er ist möglich, wenn der Eintrag falsch, veraltet oder nicht mehr erforderlich ist – etwa bei beglichener Forderung.
Immaterieller Schaden
Ein Schaden, der nicht in Geld messbar ist – zum Beispiel Rufschädigung, Stress oder Benachteiligung bei Wohnungssuche aufgrund eines SCHUFA-Eintrags.
Hinweis:
Dieser Beitrag ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.